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Besuch, erholten sich. Und so konnten Florence und William
die Kinder in einer leeren Schlafstelle zu Bett legen und in der
warmen Abenddämmerung einen Spaziergang machen, nur die
beiden.
Sie gingen am Straßenrand entlang. Sie sprachen über die
vergangene Woche, wie sie gewesen war; sie sprachen über ihr
Leben.
Als sie zurückkamen, schliefen die Kinder fest. Um für sich
zu sein, hängten sie eine Decke vor ihre Schlafstelle. Dann
hatten sie die Nacht für sich, die ganze, bis auf die halbe
Stunde, als Florence hinausschlüpfte und im Dunkeln das Baby
fütterte.
Am Sonntagmorgen zog William nicht sein wirklicher
Name, sondern der Name, unter dem man ihn in der Welt
seiner Arbeit kennt seinen Anzug und gute Schuhe an und
setzte sich den Hut auf. Er und Florence gingen zur
Bushaltestelle, sie mit dem Baby auf dem Rücken, er Hope an
der Hand haltend. Sie nahmen einen Bus nach Kuilsrivier,
dann ein Taxi nach Guguletu zu der Schwester, bei der ihr
Sohn untergebracht war.
Es war nach zehn Uhr, und es wurde langsam heiß. Die
Kirche war vorbei; das Wohnzimmer war voll von Besuchern,
alle redeten. Nach einer Weile gingen die Männer; Zeit für
Florence, ihrer Schwester in der Küche zu helfen. Hope schlief
auf dem Fußboden ein. Ein Hund kam herein, beleckte ihr
Gesicht, wurde fortgejagt; sie wurde, noch immer schlafend,
auf das Sofa gehoben. In einem unbeobachteten Moment gab
Florence ihrer Schwester das Geld für Bhekis Miete, für sein
Essen, seine Schuhe, seine Schulbücher; ihre Schwester steckte
es weg in ihr Leibchen. Dann ließ Bheki sich blicken und
begrüßte seine Mutter. Dann kamen die Männer zurück von wo
immer sie gewesen waren, und alle aßen sie zu Mittag: Huhn
von der Farm oder der Fabrik oder aus dem Betrieb oder was
immer das ist, Reis, Kohl, Bratenfett. Von draußen begannen
Bhekis Freunde zu rufen: hastig aß er seinen Teller leer und
verließ den Tisch.
All das geschah. All das muß geschehen sein. Es war ein
gewöhnlicher Tag in Afrika: faules Wetter, ein fauler Tag. Fast
könnte man sagen: So sollte das Leben sein.
Es wurde Zeit, daß sie aufbrachen. Sie gingen zur
Bushaltestelle, Hope jetzt auf den Schultern ihres Vaters
reitend. Der Bus kam; sie verabschiedeten sich. Der Bus trug
Fiorence und ihre Töchter davon. Er trug sie nach Mowbray,
von wo sie einen anderen Bus bis zur St. George s Street
nahmen und dann einen dritten die Kloof Street hoch. Von der
Kloof Street gingen sie zu Fuß weiter. Als sie die Schoonder
Street erreichten, waren die Schatten lang geworden. Es war
Zeit, der quengeligen und müden Hope das Abendessen zu
geben, das Baby zu baden, die Wäsche von gestern zu bügeln.
Wenigstens schlachtet er keine Rinder, sagte ich mir;
wenigstens sind es nur Hühner mit ihren verrückten
Hühnerblicken und ihrer eingebildeten Vornehmheit. Aber sie
wollte mir nicht aus dem Kopf gehen, die Farm, die Fabrik, das
Unternehmen, wo der Mann der Frau arbeitete, die Seite an
Seite mit mir lebte, wo er seinen Verschlag abschritt, links und
rechts, hin und her, immer rund herum, in einem Geruch von
Blut und Federn, in einem Aufruhr empörten Gezeters,
hinabgreifend, hochschwingend, zupackend, bindend,
aufhängend. Ich dachte an all die Männer in der Weite
Südafrikas, die, während ich aus dem Fenster blickend dasaß,
Hühner töteten, Erde bewegten, Schubkarre auf Schubkarre; an
all die Frauen, die Orangen sortierten, Knopflöcher nähten.
Wer würde sie je zählen, die Spatenstiche, die Orangen, die
Knopflöcher, die Hühner? Ein Universum der Mühsal, ein
Universum des Zählens: wie den ganzen Tag vor einer Uhr
sitzen, zählen, wie die Sekunden auftauchen, das Leben
wegzählen.
Seit Vercueil mein Geld genommen hatte, war er ständig am
Trinken, nicht nur Wein, sondern auch Brandy. An manchen
Tagen trinkt er bis Mittag nichts und benutzt die Stunden der
Abstinenz, um das Nachgeben dann um so mehr zu genießen.
Öfter ist er allerdings schon berauscht, wenn er am späten
Vormittag aus dem Haus geht.
Die Sonne schien heute bleich, als er von seinem Ausflug
zurückkam. Ich saß oben auf dem Balkon; er sah mich nicht,
als er sich im Hof hinsetzte, mit dem Rücken an der Wand,
dem Hund neben sich. Florences Sohn war schon da, mit
einem Freund, den ich noch nicht gesehen hatte, und Hope, die
jede Bewegung der Jungen mit den Augen verschlang. Sie
hatten ein Radio an; das Scheppern und Wummern der Musik
war noch schlimmer als der Tennisball.
»Wasser«, rief Vercueil zu den Jungen »Bringt mir etwas
Wasser.«
Der neue Junge, der Freund, überquerte den Hof und hockte
sich neben ihn. Was zwischen ihnen hin- und herging, hörte
ich nicht. Der Junge streckte eine Hand aus. »Gib«, sagte er.
Faul schlug Vercueil ihm die Hand nach unten.
»Gib sie mir«, sagte der Junge und fing an, auf den Knien,
Vercueil die Flasche aus der Hosentasche zu zerren.
Vercueil leistete Widerstand, aber nur lustlos.
Der Junge schraubte den Verschluß ab und ließ den Brandy
auf den Boden plätschern. Dann warf er die Flasche beiseite.
Sie zersplitterte. Dumm, so etwas zu tun: fast hätte ich es laut
gerufen.
»Sie machen dich zu einem Hund!« sagte der Junge. »Willst
du ein Hund sein?«
Der Hund, Vercueils Hund, winselte begierig.
»Fahr zur Hölle«, erwiderte Vercueil schwerzüngig.
»Hund!« sagte der Junge. »Säufer!«
Er kehrte Vercueil den Rücken und ging zurück zu Bheki, ein
Schwanken im Gang. Was für ein eingebildetes Kind, dachte
ich. Wenn sich so die neuen Beschützer des Volkes aufführen,
so bewahre uns der Herr vor ihnen.
Das kleine Mädchen schnupperte an dem Brandy und zog die
Nase kraus.
»Fahr du auch zur Hölle«, sagte Vercueil und winkte sie weg.
Sie regte sich nicht. Dann drehte sie sich plötzlich um und lief
zum Zimmer ihrer Mutter.
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