[ Pobierz całość w formacie PDF ]

alten Radmantel mit drei Kragen, den die Gräfin bei
Schmuke von jeher kannte. Auf dem Fenstersims standen
drei Blumentöpfe, jedenfalls deutsche Blumen, und dabei
lag ein Stock aus Stechpalmenholz.
Obwohl Gefühl und Geruchsinn der Gräfin unangenehm
berührt waren, verhüllte Schmukes Blick und Lächeln ihr
diese Armseligkeiten mit himmlischen Strahlen. Er ließ
die gelblichen Farben leuchten und belebte dies Chaos.
Die Seele dieses göttlichen Mannes, der so viel himmli-
sche Dinge kannte und offenbarte, strahlte wie eine Son-
ne. Sein so offenes, kindlich frohes Lachen beim Anblick
170
einer seiner heiligen Cäcilien verbreitete den Glanz der
Jugend, der Heiterkeit und der Unschuld. Er teilte die
holdesten Schätze der Menschheit aus und schuf sich
daraus einen Mantel, der seine Armut verhüllte. Der
hochmütigste Emporkömmling hätte es vielleicht unvor-
nehm gefunden, an die Umwelt zu denken, in der dieser
prächtige Apostel des musikalischen Glaubens sein Le-
ben führte.
»Hé, bar kel hassart, izi, tschère montame la gondesse?
Welcher Zufall führt Sie hierher, liebe Frau Gräfin?«
fragte er in seinem Kauderwelsch. »Vaudile kè che jande
lei gandike te Zimion à mon ache? Soll ich in meinem
Alter das Lied Simeons singen?«
Bei diesem Gedanken mußte er noch toller lachen.
»Souis-che en ponne fordine? Habe ich Glück!« fuhr er
schalkhaft fort.
Dann lachte er wieder wie ein Kind.
»Vis fennez pir la misik, hai non pir ein baufre ôme. Che
lei sais. Sie kommen wegen der Musik, nicht wegen eines
armen Mannes. Das weiß ich,« sagte er schwermütig.
»Mais fenez per tit ce ke vi foudresse, vis savez qu'ici tit
este à visse, corpe, hâme, hai piens. Aber kommen Sie,
weswegen es auch sei. Sie wissen, hier steht Ihnen alles
zu Diensten, Leib und Seele, nicht wahr?«
Er ergriff die Hand der Gräfin, küßte sie und ließ eine
Träne darauf fallen, denn der Biedermann war der erwie-
senen Wohltat stets eingedenk. Seine Freude hatte ihm
zwar einen Augenblick die Erinnerung geraubt, aber sie
171
kehrte desto stärker zurück. Sofort griff er nach der Krei-
de, sprang auf den Lehnstuhl vor dem Klavier und
schrieb mit der Geschwindigkeit eines Jünglings in gro-
ßen Buchstaben auf das Papier: »17. Februar 1835«. Die-
se reizende, naive Bekundung seiner Dankbarkeit
erfolgte mit solchem Ungestüm, daß die Gräfin tief be-
wegt war.
»Meine Schwester kommt auch,« sagte sie zu ihm.
»L' audre auzi? Gand? Gand? Ke cé soid afant qu'il meu-
re! Die andre auch? Wann? Wann? Hoffentlich vor mei-
nem Tode!« sagte er.
»Sie wird herkommen, um Ihnen für einen großen Dienst
zu danken, um den ich Sie in ihrem Namen bitte,« fuhr
sie fort.
»Fitte, fitte, fitte, fitte! Los! Los! Los! Los!« rief Schmu-
ke. »Ké vaudille vaire? Vaudille hâler au tiaple? Was soll
ich tun? Soll ich zum Teufel gehen?«
»Weiter nichts, als unter jeden dieser Zettel schreiben:
Akzept für 10 000 Franken,« sagte sie und zog aus ihrem
Muff vier Wechselformulare, die nach Nathans Anwei-
sung ausgestellt waren.
»Hâ! ze zera piendotte vaidde! Ha, das ist bald besorgt!«
entgegnete der Deutsche mit der Sanftmut eines Lammes.
»Seulemente, che neu saite pas i se druffent messes
blîmes et mon kangrier. Nur weiß ich nicht, wo meine
Federn und mein Tintenfaß stecken.  Fattan te la, mein
herr Mirr! Mach, daß du fortkommst, mein Herr Murr!«
172
schrie er die Katze an, die ihn kalt anblickte. »Sei mon
châs, das ist mein Kater,« sagte er, auf die Katze wei-
send. »C'es la baufre hânîmâle ki fit avècque li baufre
Schmuke! Ille hai pô! Das ist das arme Tier, das mit dem
armen Schmuke lebt! Es ist schön!«
»Ja,« sagte die Gräfin.
»Lé voullez-visse? Wollen Sie ihn haben?« fragte er.
»Wo denken Sie hin?« entgegnete sie. »Ist es nicht Ihr
Freund?«
Der Kater, der vor dem Tintenfaß saß, merkte, daß er
gemeint war, und sprang aufs Bett.
»Il êdre mâline gomme ein zinche. Er ist boshaft wie ein
Affe,« fuhr er fort, auf das Bett deutend. »Ché lé nôme
Mirr, pir clorivier nodre grand Hoffmann te Perlin, ke
ché paugoube gonni. Ich nenne ihn Murr, zu Ehren uns-
res großen Hoffmann in Berlin, den ich gut gekannt ha-
be.«
Der Biedermann unterschrieb mit der Harmlosigkeit ei-
nes Kindes, das dem Befehl seiner Mutter gehorcht, ohne
sich etwas dabei zu denken, aber gewiß, etwas Gutes zu
tun. Er beschäftigte sich weit mehr damit, den Kater der
Gräfin vorzustellen, als die Schriftstücke zu prüfen,
durch die er nach den Gesetzen über die Ausländer seine
Freiheit zeitlebens verwirken konnte.
»Vis m'assurèze ke cesse bedis babières dimprés ... Sie
versichern mir, daß diese kleinen Stempelpapiere ...«
173
»Haben Sie keinerlei Sorge,« sagte die Gräfin.
»Ché ne boind t'einkiétide, ich habe keinerlei Sorge,«
wehrte er ab. »Che demande zi zes bedis babières
dimprés veront blésir à montame ti Dilet? Ich frage nur,
ob diese kleinen Stempelpapiere Frau du Tillet Freude
machen werden?«
»O ja,« sagte sie. »Sie leisten ihr einen Dienst, als wären
Sie ihr Vater ...«
»Ché souis ton bien hireux te lui êdre pon à keke chaus-
se. Ich bin also sehr froh, daß ich ihr in etwas dienlich
sein kann. Andantez te mon misik! Hören Sie etwas Mu-
sik von mir!« sagte er, indem er die Wechsel auf dem
Tisch liegen ließ und an sein Klavier sprang.
Schon eilten die Finger dieses Engels über die alten Tas-
ten, schon drang sein Blick durch die Dächer gen Him-
mel, schon erblühte das holdeste aller Lieder in der Luft
und durchdrang die Seele. Aber nur so lange ließ die Grä-
fin diesen naiven Dolmetscher himmlischer Dinge dem
Holz und den Saiten Töne entlocken, wie Raffaels Heili-
ge Caecilie vor den ihr lauschenden Engeln, bis die Un-
terschrift trocken war. Dann schob sie die Wechselbriefe
wieder in ihren Muff und rief ihren strahlenden Lehrer [ Pobierz całość w formacie PDF ]

  • zanotowane.pl
  • doc.pisz.pl
  • pdf.pisz.pl
  • agnos.opx.pl
  •